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Insiderwissen: 6 Fragen an den Experten zu versteckten Risiken in der Trinkwasserversorgung

Autor: Mario Weisbrod  Update: 4. Juni 2024

Sauberes Trinkwasser ist eine Selbstverständlichkeit – oder etwa nicht?

Obwohl wir uns auf eine moderne Wasserversorgung verlassen, gibt es immer wieder versteckte Risiken, die unsere Gesundheit gefährden können.

In diesem Artikel beantwortet der erfahrene Gebäudetechnik-Experte Andy Weisbrod sechs entscheidende Fragen rund um das Thema Wasserversorgung und Trinkwasserhygiene.

Lass dich von seinem Insiderwissen überraschen und erfahre, welche versteckten Risiken in der Trinkwasserversorgung stecken.

Das Wichtigste in Kürze:

  • Spezifische Risiken wie landwirtschaftliche und industrielle Abwässer sowie Installationsfehler in Gebäuden können Trinkwasser verunreinigen.
  • Umweltverschmutzung und Bauarbeiten gefährden die Trinkwasserversorgung. Das Multi-Barrieren-Prinzip und regelmäßige Probenahmen minimieren diese Risiken.
  • In Bereichen mit den höchsten Infektionsquellen, wie Privathaushalten, besteht oft keine Untersuchungspflicht, was Schwachstellen unentdeckt lässt. Regelmäßig das Leitungswasser testen zu lassen, ist daher entscheidend.
  • Oft werden passende Materialien nicht gewählt, und Rohrwerkstoffe können Schwermetalle enthalten, was bei langen Verweilzeiten problematisch ist.
  • Automatische Spüleinrichtungen, Monitoring-Systeme und korrekt ausgelegte Weichwasseranlagen sollen Stagnation und Keimrückfluss verhindern.

1. Gibt es spezifische Risiken oder potenzielle Verunreinigungsquellen in der lokalen Wasserversorgung, die übersehen werden können?

Ja, die gibt es. Vorab sei gesagt, dass ein großer Aufwand betrieben wird, um eine moderne und reine Trinkwasserversorgung sicherzustellen.

Hierbei spricht man in Deutschland von einem Multi-Barrieren-Prinzip. Dies beinhaltet den konsequenten Schutz der Trinkwasserressourcen (Trinkwasserschutzgebiete und deren Überwachung), die Trinkwasserversorgung (Gewinnung, Aufbereitung, Speicherung, Transport und Verteilung) auf Basis der anerkannten Regeln der Technik und der Trinkwasserinstallation in den jeweiligen Gebäuden (Auswahl der Materialien, Sicherheitsarmaturen und eine allgemein professionelle Installation).

Im Bereich der Trinkwasserversorgung hat man bereits verschiedene spezifische Risiken beobachtet. Doch würde ich dies gern aufteilen auf den Bereich der öffentlichen Wasserversorgung, also den Wasserversorgungsunternehmen inklusive deren Infrastruktur, von denen es in Deutschland 5.468 gibt (Stand 2019), den Bereich der Trinkwasserinstallation in Gebäuden und das Betreiben von Trinkwasserinstallationen, also die Wartung und Instandsetzung.

Im Bereich der öffentlichen Wasserversorgung gab es bereits Fälle, in denen landwirtschaftliches Abwasser – vor allem Düngemitteln und Pestizide – über Gewässer, die als Trinkwasserquellen dienen, ins Trinkwasser geraten sind. In der Industrie kann dies dann das mit Schwermetallen und anderen Chemikalien sowie mit Schadstoffen belastete Abwasser sein.

Im allgemeinen Abwasser wurden neben den natürlich vorkommenden Arsen, Fluorid und weiteren Schwermetallen auch Bakterien (z.B. die coliformen Bakterien), Viren oder Parasiten und selbst pharmazeutische und radioaktive Rückstände gefunden.

Um diesen Belastungen gerecht zu werden, bedarf es einer modernen Wasseraufbereitungstechnologie und strengen Umweltvorschriften.

Der Bereich Trinkwasserinstallationen in Gebäuden birgt ebenfalls Risiken, da hier einige Abhängigkeiten bestehen. Allen voran beginnt nämlich jede Trinkwasserinstallation mit der Planung. Hierbei kann es zu Planungsfehlern kommen, also fehlerhafte Rohrnetzberechnungen, somit Dimensionierung und (xxx) einer fehlerhaften Hydraulik und eine fehlerhafte Anordnung der Verbraucher und somit der Leitungsführung.

Auch nachträgliche Änderungswünsche der Bauherren (geändertes Raumbuch) werden nicht immer im letzten Planstand notiert. Da Wasser aber an jeder Entnahmestelle die erforderliche Temperatur (Kaltwasser <25 °C, Warmwasser >55 °C) einhalten und die notwendige Durchströmung sichergestellt sein muss, kann bereits bei kleinen Planungsfehlern die notwendige Hygiene nicht eingehalten werden.

Entscheidend ist auch, dass die in der Planung angesetzten Produkte auch tatsächlich verbaut werden.

Gemäß VOB ist zumindest dem öffentlichen Auftraggeber eine Produktneutralität vorbehalten. Hierdurch ergeben sich ebenfalls Abweichungen bei der Einhaltung der Hygiene. Auch Probeentnahmeventile finden häufig keinen Platz in der Ausführungsplanung.

Weitere Gefahrenquellen entstehen durch Ausführungsfehler. Eine schlüssige Planung nützt noch nichts, wenn nicht auch danach gebaut wird. Hier sehe ich z.B. häufig, dass immer noch Stichleitungen verlegt werden (Gefahr von Stagnation), dass die Materialien nicht ordnungsgemäß gewählt und gelagert werden (Wasserleitungen müssen in jedem Arbeitsschritt an den Enden verschlossen sein) und Gartenschläuche entweder zur Heizungsnachspeisung oder eben der Gartenbewässerung ständig mit der Trinkwasserinstallation verbunden sind. Ständige Verbindungen sind jedoch nicht zulässig.

Dem einem Mikroorganismus ist die Fließrichtung oder eine geschlossene Wasserarmatur völlig egal und wächst an der Rohrwand auch gern entgegen dieser (Biofilm). Hier schaffen nur normgerechte System-/Rohrtrenner Abhilfe. Darüber hinaus beobachte ich eine fehlerhafte Dämmung an den Rohrleitungen und eine mangelhafte Dokumentation.

Über den Betrieb einer Trinkwasserinstallation sind sich Eigentümer und Betreiber oftmals nicht bewusst. Den an dieser Stelle kann die Hygiene nur sichergestellt werden, wenn alle Bauteile und Einheiten auch gemäß DIN EN inspiziert und gewartet werden.

Verschmutzte Hauswasserfilter, die teilweise noch nie gespült wurden, kamen mir bereits zu Augen.

Im Bereich der Einhaltung von Temperaturen und dem notwendigen Wassertausch herrscht oftmals einfach Unwissenheit oder die Thematik Energieeinsparung wird der Hygiene vorgezogen.

Stillgelegte Nasszellen, nicht benutzte Ausgussbecken oder einfach Totleitungen, die im Zuge von Umbauarbeiten hinter der Wand gekappt wurden, impfen dann fleißig das übrige Netz im Gebäude.

2. Welche Maßnahmen werden ergriffen, um die Sicherheit der Trinkwasserquellen und -leitungen vor externen Einflüssen wie Umwelt­verschmutzung oder Bauarbeiten zu schützen?

Das sind zum einen die in der vorherigen Frage genannten Punkte des Multi-Barrieren-Prinzips, die Überwachung und Kontrolle durch regelmäßiges Probenahmen und Monitoring Systeme

Hierbei sei erwähnt, dass lediglich Großanlagen zur Trinkwassererwärmung mit einem Wasserspeicher >400 l und/oder einen Rohrleitungsinhalt >3 l gemessen zwischen Abgang des Trinkwassererwärmers und der entferntesten Entnahmestelle ohne Berücksichtigung der Zirkulationsleitung von der Untersuchungspflicht betroffen sind und keine Ein- und Zweifamilienhäuser, egal, wie groß die Anlage ist.

Dies führt zu einer großen Lücke bei der Identifizierung von Infektionsquellen.), die genannten regelmäßigen Inspektionen und natürlich die notwendige Aus- und Weiterbildung der Fachunternehmen. Denn in Deutschland dürfen nur beim lokalen Wasserversorger eingetragene Unternehmen an einer Trinkwasserinstallation arbeiten.

3. Wie wird die Wasserqualität überwacht und kontrolliert, um auf unerwartete Ereignisse wie Rohrbrüche oder Verunreinigungs­ereignisse angemessen reagieren zu können?

Hierfür gibt es grundsätzlich verschiedene Kontrollmechanismen. Die Wasserversorgungsunternehmen führen regelmäßige Kontrollen und Probenahmen im öffentlichen Wassernetz durch. In den privaten Bereichen ist hierfür der Eigentümer (z.B. der Vermieter in Mehrfamilienhäusern), der Betreiber oder auch „USI“ (der „Unternehmer und der Sonstige Inhaber einer Wasserversorgungsanlage“) verantwortlich.

Untersucht wird in der Regel auf Legionellen und Keime wie Coli-Bakterien und Enterokokken.

In gewerblich genutzten Gebäuden schreibt die Trinkwasserverordnung dies für alle 3 Jahre und in öffentlichen Gebäuden (z.B. Kitas, Turnhallen, Hotels etc.) jährlich fest. Die Probenahme wird dann durch ein zertifiziertes Unternehmen gemäß dem DVGW-Arbeitsblatt W551 durchgeführt.

Überschreitungen der technischen Maßnahmewerte werden dann in der Regel dem zuständigen Gesundheitsamt gemeldet. Dies entscheidet dann je nach Größe der Überschreitung weitere erforderliche Maßnahmen wie z.B. das Spülen der Leitungen oder die Erstellung einer Gefährdungsanalyse bis hin zur Stilllegung.

Die Verteilung der vermuteten Infektionsquellen mit der Legionärskrankheit z.B. wird laut dem RKI angeführt von den Privathaushalten, gefolgt von Hotels, Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen.

Was bedeutet, dass genau dort, wo die höchsten Infektionsquellen entstehen, von einer Untersuchungspflicht abgesehen wird. Die ebenfalls bereits angesprochenen notwendigen Inspektionen und Wartungen sind ein weiterer wichtiger Punkt, um auf eventuell auftretende Schwachstellen rechtzeitig zu reagieren.

4. Welche spezifischen Anforderungen müssen Trinkwasserinstallationen in Deutschland erfüllen, um den geltenden Vorschriften und Normen zu entsprechen?

Das sind einige. Allen voran wird die Beschaffenheit des Trinkwassers vom Infektionsschutzgesetz geregelt. Dieses besagt, dass Trinkwasser keine Schädigung der menschlichen Gesundheit hervorrufen darf.

Die technischen und Qualitätsanforderungen werden in der Trinkwasserverordnung, den DIN-Normen 1988, 200, 2001, 4708, 4753, 4807, EN 806, EN 12502, 14463, EN 1717, 50930-6, den DVGW-Arbeitsblättern W229, W270, W290, W291, W294, W534, W554, W551, W553, VP670 und den VDI-Richtlinien 2089, 3807, 3810, 6000, 6001, 6002, 6003, 6022, 6023, 6024 festgelegt.

Grundsätzlich lässt sich sagen, dass Trinkwasserinstallationen gemäß den allgemein anerkannten Regeln der Technik (aaRdT) kaltes und warmes Trinkwasser an jeder Entnahmestelle, zu jeder Zeit in der geforderten Qualität mit komfortablem Druck, für den Nachbarn geräuscharm, bei wirtschaftlichen Investitions- und Betriebskosten bereitstellen müssen. Es ist wichtig, auf kurze Leitungswege und Verweilzeiten, einen geringen Wasserinhalt zur Vermeidung von Stagnation, Korrosionsvermeidung, Reduzierung von Ablagerungen und Biofilmen sowie die geforderte Temperatur zu achten.

5. Welche Rolle spielen wasserführende Systeme wie Rohre, Armaturen und Pumpen bei der Sicherstellung einer zuverlässigen und effizienten Trinkwasserversorgung?

Nicht jeder Werkstoff kann für jede Wasserbeschaffenheit eingesetzt werden. Deshalb ist es erforderlich, sich vorab einen Auszug der aktuellen Trinkwasserparameter des zuständigen Versorgers einzuholen. Meine Erfahrung zeigt mir, dass dies selten geschieht.

Darüber hinaus können die Rohrwerkstoffe und Armaturen selbst aus belastenden Schwermetallen bestehen, was vor allem bei langen Verweilzeiten zu Problemen führen kann.

Bei den Pumpen, also in diesem Fall Zirkulationspumpen sind die Ermittlung der exakten Größe zur Sicherstellung des hydraulischen Abgleichs einzelner Zirkulationsstränge und somit der Sicherstellung der Einhaltung von Durchströmung, Temperatur und Wassertausch von entscheidender Bedeutung.

6. Welche Technologien und Materialien werden typischerweise in Trinkwasserinstallationen verwendet, um eine hygienische und sichere Wasserversorgung zu gewährleisten?

In öffentlichen Gebäuden kommen automatische Spüleinrichtungen und Monitoringsysteme, welche die Stagnation und die Temperaturüber/-unterschreitung verhindern sollen, zum Einsatz.

Des Weiteren gibt es sogenannte Weichwasser- und Enthärtungsanlagen, welche in manchen, u.a. auch privaten Gebäuden, zentral verbaut sind.

Hier entstehen jedoch Probleme, wenn diese nicht korrekt ausgelegt sind. Denn auch hier sorgt Stagnation und ungenügende Durchströmung für Probleme im Bereich der Hygiene. Mir selbst sind solche Anlagen bereits begegnet.

Auch findet man solche Anlagen häufig in Räumen mit hoher Umgebungstemperatur, z.B. Heizungskeller, was ebenfalls zur Entstehung von Keimen beiträgt. Der Einsatz von Rohrtrennern gemäß DIN EN 1717 soll das Rückfließen und Rückwachsen von Keimen und somit Verunreinigungen unterbinden.

In privaten Bereichen sind diese jedoch selten anzufinden. Bei dem Material ist es, wie bereits erwähnt, wichtig, sich vorab über die Beschaffenheit zu erkundigen und das richtige Material zu wählen.

Zusammenfassend hilft nur das Zusammenspiel einzelner zuvor genannter Schritte von der Einhaltung der Anforderungen bei der Planung, der Ausführung und des Betreibens einer Trinkwasserinstallation.

Nur wenn alle Schritte fürsorglich Beachtung finden, kann man von hygienisch sicherem Trinkwasser an der Entnahmestelle ausgehen. Ähnlich wie bei einem großen Kartenhaus bringt eine einzige Karte oftmals das gesamte Haus zum Einstürzen.

Fazit

Andy Weisbrod hat in diesem Beitrag umfassend die versteckten Risiken und Gefahren in der Trinkwasserversorgung aufgezeigt. Von landwirtschaftlichen und industriellen Verunreinigungen bis hin zu Installationsfehlern in Gebäuden – die Qualität unseres Trinkwassers kann auf vielfältige Weise beeinträchtigt werden.

Um sicherzustellen, dass dein Trinkwasser frei von Schadstoffen und Verunreinigungen ist, bietet sich ein kostenloser Leitungswasser-Test an. Dieser einfache und bequeme Test hilft dir, potenzielle Gefahren frühzeitig zu erkennen und für die Gesundheit deiner Familie zu sorgen.

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Andy Weisbrod

Andy Weisbrod

Andy Weisbrod ist ein erfahrener Experte für Gebäudetechnik. Als gelernter Anlagen­mechaniker SHK mit einem Abschluss als staatlich geprüfter Techniker und zahlreichen Fortbildungen bringt er sowohl praktische als auch theoretische Expertise mit. Mit seiner langjährigen Erfahrung in der Planung und Umsetzung von Gebäudetechnik­projekten kann er fundierte Einblicke und praxisnahe Lösungen bieten.

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